sozio-ökonomische Wertschöpfung

Der Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft geht in Deutschland mit enormen volkswirtschaftlichen Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekten einher (vgl. WUPPERTAL INSTITUT/ DIW ECON, 2020). Insbesondere im deutschen Maschinenbau, aber auch in weiteren Industriezweigen steckt ein großes Wachstumspotenzial (z. B. Anlagenentwicklung und -bau, Systemintegration und -dienstleistungen von Elektrolyseuren) (vgl. VERBUNDINITIATIVE WASSERSTOFFACHTER, 2022).

„Eine aktuelle Studie von E4tech (…) schätzt beispielsweise die möglichen wirtschaftlichen Effekte der Entwicklung einer Wasserstoff- und Brennstoffzellenökonomie innerhalb Europas unter Annahme eines ambitionierten Szenarios für die Entwicklung einer europäischen Wasserstoffindustrie auf eine Wertschöpfung von bis zu 3,5 Milliarden Euro und die Schaffung von 38.500 direkten und über 70.000 indirekten Arbeitsplätzen (das heißt Vollzeitäquivalenten) in Europa bis zum Jahr 2030. Bis 2050 könnte die Wasserstoffwirtschaft weltweit ein Volumen von 100 Milliarden Euro, was der Größe des heutigen Stahlmarkts entspricht, bis knapp 700 Milliarden Euro, einem Drittel des heutigen Ölmarkts, erreichen.“ (ISI, 2020, S. 25)

Die zu erreichende Bruttowertschöpfung hängt von der Wasserstoffnachfrage und dem Anteil importierten Wasserstoffs ab (vgl. SRU, 2021). Gelingt Deutschland in der Entwicklung von Wasserstofftechnologien international Vorreiter zu werden, können neben den skizzierten Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekten auch neue Exportpotenziale für die deutsche und europäische Wirtschaft geschaffen werden. „Auf diese Weise kann Deutschland einerseits zur Dekarbonisierung in anderen Regionen der Welt beitragen, andererseits die heimische Wirtschaft stärken“ (NWR, 2021a, S. 9) und zu einer sicheren, wirtschaftlichen und nachhaltigen Energieversorgung beitragen, die Versorgungsabhängigkeiten von anderen Ländern mindert (vgl. WUPPERTALER INSTITUT, 2020; VERBUNDINITIATIVE WASSERSTOFFACHTER, 2022).

Ähnlich verhält es sich mit grünem Wasserstoff, der im Ausland hergestellt und nach Deutschland transportiert wird. Grundsätzlich eröffnet der Transfer von Technologien und Wissen in potenziellen Exportländern einen sozio-ökonomischen Mehrwert. „Durch die Förderung von lokaler Wertschöpfung, die Schaffung von Arbeitsplätzen, den Aufbau neuer Kompetenzen und die Stärkung vorhandener lokaler wirtschaftlicher Akteure kann die Wasserstoffwirtschaft einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung und zum Wohlstand in den Produktionsländern leisten sowie einen Interessenausgleich und Win-win-Situationen schaffen. Lokale Wertschöpfung kann entstehen durch die Erzeugung von Wasserstoff und damit verbundene Dienstleistungen, vor- und nachgelagerte Teile der Wertschöpfungskette, vor Ort benötigte Infrastruktur oder Erneuerbare-Energien-Technologien. Aus geopolitischer Sicht können gerade in den heutigen Exportländern fossiler Rohstoffe neue, potenziell klimaneutrale Einkommensquellen und entsprechende dauerhaft nachhaltige Geschäftsmodelle gesichert werden, wodurch auch die Lebenssituation der Menschen vor Ort verbessert werden kann.“ (NWR, 2021b, S. 3)

Um diese Effekte tatsächlich vor Ort zu erreichen, müssen sozio-ökonomische Risiken sowie Menschenrechtsverletzungen und Korruption verhindert werden, indem z. B. ein bestimmter Anteil an lokalen und langfristigen Arbeitskräften vor Ort garantiert wird, vor Großprojekten die Menschenrechtslage in Ländern bewertet wird und Standards zur Korruptionsbekämpfung eingehalten werden (vgl. HEINEMANN & MENDELEVITCH et al., 2021). „Beispielsweise sind die Länder Nordafrikas zwingend darauf angewiesen, Beschäftigungschancen gerade für junge Menschen zu schaffen. Internationale Projekte, wie das von Deutschland unterstützte Ouarzazate-Solarprojekt in Marokko, zeigen aber, dass die Beschäftigungsmöglichkeiten oft bescheiden sind, sobald Großanlagen die Bauphase abgeschlossen haben und in den Regelbetrieb gehen.“ (STAMM et al., 2021, S. 1)

Daher sollten internationale Partnerschaften dafür Sorge tragen, dass lokale, zivilgesellschaftliche Akteure sowie die durch Land- und Ressourceninanspruchnahme betroffene Bevölkerung vor Ort an der Planung, Durchführung und Wertschöpfung von (Groß-) Projekten beteiligt werden (vgl. KLIMA-ALLIANZ DEUTSCHLAND, 2021). Begleitende Monitorings und abschließende Evaluierungen können dazu beitragen, dass die gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse in der Planung und Umsetzung zukünftiger Projekte einfließen und für die lokale Bevölkerung positive sozio-ökonomischen Effekte hervorrufen.