Flächeninanspruchnahme

Für die Herstellung von grünem Wasserstoff werden in der Wertschöpfungskette Flächen u. a. für die Erzeugung von erneuerbaren Energien, die Wasserstoffproduktionsanlage (ggf. inkl. Meerwasserentsalzungsanlage), bei der Herstellung von Folgeprodukten für die direkte Luftabscheidung (DAC) sowie für eventuell notwendige Transport- und Infrastruktur benötigt (vgl. HEINEMANN & MENDELEVITCH, 2021). Insbesondere die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien, der für die Erzeugung grünen Wasserstoffs benötigt wird, ist flächenintensiv (vgl. SRU, 2021).

Im Hinblick auf die Standortwahl von Elektrolyseuren muss untersucht werden, „wann diese sinnvollerweise in der Nähe des Erzeugungsortes der erneuerbaren Energien oder der Nutzung von Wasserstoff errichtet werden sollen. Dabei geht es auch um die langfristige und integrierte Planung des Stromnetzausbaus und die Umrüstung von Erdgaspipelines bzw. den Neubau von reinen Wasserstoffpipelines.“ (SRU, 2021, S. 77) „Die hiermit verbundenen Änderungen der Flächennutzung können die biologische Vielfalt oder lokale – manchmal informelle – Landrechte beeinträchtigen.“ (STAMM et al., 2021, S. 2) Dies kann zu Landnutzungskonflikten und (bei Produktionen im Ausland) zu weitreichenden Folgen wie Zwangsumsiedlungen und Enteignungen führen (vgl. NWR, 2021b & HEINRICH-BÖLL-STIFTUNG, 2021). Daher fordern zivilgesellschaftliche Akteure, dass potenzielle Landnutzungskonflikte im Sinne der lokalen Bevölkerung zu lösen sowie Zwangsumsiedlungen oder illegale Landnahme auszuschließen sind (vgl. KLIMA-ALLIANZ DEUTSCHLAND, 2021; NWR, 2021b).

Mit Blick auf die anvisierten Herstellungsmengen ist auch in Deutschland mit einem deutlichen Zubau von Windkraft- und PV-Anlagen zu rechnen ist, so dass sich der Flächenbedarf insbesondere im Offshore-Bereich bemerkbar machen wird (vgl. SRU, 2021). „Dadurch werden oft Standorte im Norden und bezogen auf Windenergie onshore und offshore (Anlandungspunkte) bevorzugt, um die zu erwartenden Überschussstrommengen durch Umwandlung in Wasserstoff nutzbar zu machen. Eine wirtschaftliche Bewertung dieser Standorte und der damit verbundenen Einsatzstrategien der Elektrolyseanlagen gibt es in den Studien bisher nicht. Es gibt jedoch wichtige Hinweise auf mögliche stromseitige Rebound-Effekte.“ (WUPPERTAL INSTITUT, 2020, S. 12) Neben den Windrädern beanspruchen auch Stromtrassen, die für den Transport der Energie benötigt werden, Flächen und können zu Zerschneidung wie z. B. dem UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer führen (vgl. DETLOFF, 2020; NABU, 2020).

Der voraussichtliche Zubau von Windenergieanlagen wird insgesamt u. a. zu Landschaftsfragmentierung, Verlust von Habitaten, Minderung der biologischen Vielfalt, Bodendegradierung, Schadstoffeinträgen und der Gefährdung bestimmter Artengruppen führen. Das hieraus resultierende Konfliktpotenzial zeigte sich zuletzt u. a. an der Novellierung des Windenergie-auf-See-Gesetztes (WindSeeG) und der Fortschreibung der Raumordnungspläne für die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) in Nord- und Ostsee. Denn obwohl es in Deutschland und Europa zahlreiche umweltrechtliche Vorgaben, Regularien und Richtlinien gibt (z. B. SUP, ROG, MRO-RL, MSRL, CBD), tritt der Ausbau der Offshore-Windenergie in Konkurrenz zum Schutz von Meer und Küste.

Naturschutzverbände appellieren daher an die Bundesregierung, „dass der Ausbau von Windenergie auf See im Einklang mit den europarechtlichen und national-naturschutzrechtlichen Vorgaben des Biodiversitätsschutzes durchgeführt wird.“ (NABU, 2022, S. 2; vgl. auch DEUTSCHE UMWELTVERBÄNDE, 2021) „Zwar sind die Naturschutzgebiete der AWZ als Vorranggebiete ausgewiesen, jedoch werden sie entgegen festgeschriebener Schutzgebietsmaßnahmen und -zielen und der EU-Biodiversitätsstrategie stark von wirtschaftlichen Nutzungen überlagert. Im Gegensatz zur aktuell gültigen MRO von 2009 wird Windenergie aus Schutzgebieten nicht mehr ausgeschlossen – weitere Nutzungen wie Sand- und Kiesabbau, Leitungsbau, Verteidigung, Forschung, Schifffahrt und Fischerei kommen hinzu. (…) Europäische und internationale Ziele, wie 30 % der Meeresgewässer ‚wirksam unter Schutz zu stellen‘, darunter 10 Prozent ‚streng geschützt‘, müssen in die neue marine Raumordnung integriert werden. Effektive Meeresschutzgebiete sind dabei auch unerlässlich, um den von der MSRL geforderten guten Umweltzustand in Nord- und Ostsee zu erreichen.“ (DEUTSCHE UMWELTVERBÄNDE, 2021, S. 3)

Da der Ausbau der Offshore-Windenergie auch für die grüne Wasserstoffwirtschaft nach derzeitigem Wissens- und Technologiestand notwendig ist, sollten parallel die kumulativen Belastungen, die aus einer Vielzahl an anthropogenen Nutzungen resultieren, reduziert werden, für den Schutz der marinen Biodiversität räumliche Pufferzonen um Windenergieanlagen eingeplant und Flächennutzungsänderungen für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien für Wasserstoff möglichst nicht in ökologischen Schutzgebieten stattfinden (vgl. NABU, 2020; HEINEMANN & MENDELEVITCH, 2021).