Energieerzeugung & Emissionen

Strom wird in erster Linie für die Erzeugung von grünem Wasserstoff benötigt, kommt aber auch in der weiteren Wertschöpfungskette zum Einsatz. Wird grüner Wasserstoff mittels Elektrolyse hergestellt, geht ein Teil des eingesetzten Stroms aufgrund von Umwandlungsverlusten bei der energetischen Wasserspaltung verloren. Der Wirkungsgrad liegt derzeit zwischen 60 bis 67 % (vgl. BMBF, 2020). „Im Umkehrschluss muss etwa die eineinhalbfache Menge an Energie eingesetzt werden, um eine Einheit Wasserstoff mit dem gleichen Energiegehalt wie dem des Eingangsstroms herzustellen. In der Folge steigen auch die mit der Stromproduktion verbundenen ökologischen Folgen pro Wasserstoff-Energieeinheit etwa um die Hälfte an.“ (SRU, 2021, S. 29) Da im Bereich der Wasserstoffherstellung umfassend geforscht wird, kann davon ausgegangen werden, dass die Effizienzrate in den kommenden Jahren noch deutlich steigen wird, so dass sich die ökologischen Folgen pro Wasserstoff-Energieeinheit reduzieren könnten (vgl. BMBF, 2020).

Unabhängig vom derzeitigen Wirkungsgrad erfordert die benötigte Wasserstoffmenge allein in Deutschland einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien. Hiermit verbunden sind im Inland vor allem Flächeninanspruchnahme, Nutzungskonflikte und Umweltfolgen (vgl. Kap. 3.2 und 3.5). Ferner kann die „Versorgung der Wasserstoffproduktion mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen (…) mit der Dekarbonisierung des heimischen Energiesystems in Konflikt geraten, wenn die besten Standorte für die erneuerbare Stromproduktion für die Erstellung von Wasserstoff verwendet wird“ (BUND, o. J.).

Nach Möglichkeit sollte grüner Wasserstoff mit Überschussstrom erzeugt werden. „Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass die Menge an Überschussstrom in Deutschland ausreicht, um die prognostizierten Bedarfe an Wasserstoff zu produzieren. Die theoretische nutzbare Menge von Überschussstrom ist von den regionalen Gegebenheiten abhängig. Voraussichtlich liegt vor allem bei Offshore-Windanlagen eine überschüssige Strommenge vor, sofern das Stromnetz ausgelastet ist, die für die Herstellung von strombasierten Produkten nutzbar gemacht werden kann.“ (SRU, 2021, S. 70)

Da die Produktionskapazitäten aufgrund von Flächenrestriktionen begrenzt sind, ist davon auszugehen, dass der Großteil des grünen Wasserstoffs im Ausland produziert wird. Durch „den beschleunigten Ausbau von erneuerbaren Energien und die Verbreitung des entsprechenden Know-hows bei deren Produktion und Nutzung kann mit geringerer zusätzlicher Förderung von Projekten ein verbesserter Energiezugang für die lokale Bevölkerung ermöglicht werden.“ (NWR, 2021b, S. 3)

Auf der anderen Seite kann der auch im Ausland für die Herstellung von grünem Wasserstoff benötigte erhöhte Strombedarf zu einer Verfestigung von Energiearmut und/ oder dem Verlängern in der Nutzung fossiler Strukturen führen, denn mit „der Investition in Exportprojekte für die Erzeugung von erneuerbarem Strom und Wasserstoff wird nicht automatisch die Energieversorgung der lokalen Bevölkerung verbessert.“ (NWR, 2021b, S. 5) So weisen einige potentielle Exportländer für grünen Wasserstoff starke Abhängigkeiten von fossilen Energieträgern auf. Beispielsweise hat Marokko rund 90 % fossile Energien im Primärenergiemix (vgl. WUPPERTALER INSTITUT/ DIW ECON, 2020; SCI4CLIMATE.NRW, 2021). Bis 2030 „möchte das nordafrikanische Land den Anteil von Solar- und Windstromanlagen an der installierten Leistung von derzeit 30 % auf 52 % erhöhen, doch auch dann wird rund die Hälfte der Stromproduktion auf Kohle- und Erdgas entfallen.“ (MERTEN & SCHOLZ, 2021, S. 35)

Damit würde der Import von grünem Wasserstoff zwar die Dekabonisierungsbilanz im Importland positiv beeinflussen, im Sinne der globalen Nachhaltigkeitsziele hingegen die Klimaneutralität der Exportländer negativ beeinflussen. “There is a considerable risk that hydrogen pursuit being driven by the Global North countries’ decarbonisation agendas will worsen injustice and poverty in the Global South’s developing countries, especially in Africa. This could create situations in which African producer countries do not reap the full benefits of their own production because developed countries view them solely as raw material providers.” (ADOW et al., 2022, S. 5)

Der Import von grünem Wasserstoff sollte daher möglichst nicht aus Ländern mit Energiearmut erfolgen bzw. beim Aufbau von Wasserstoffpartnerschaften an die Bedingung geknüpft sein, dass Wasserstoffprojekte nachweislich zur Überwindung von Energiearmut der lokalen Bevölkerung beitragen (vgl. KLIMA-ALLIANZ DEUTSCHLAND, 2021). Besser noch müssen Nachhaltigkeitskriterien auf internationaler Ebene entwickelt und angewandt werden, die sicherstellen, dass Exportländer von grünem Wasserstoff auch ihre eigenen Energie- und Klimapolitischen Ziele erreichen können (vgl. ISI, 2020). „Nachhaltigkeitsstandards müssen sicherstellen, dass Emissionsreduktionen in Deutschland durch den Import von Wasserstoff nicht zu erhöhten Emissionen in den Herkunftsländern führen und die Dekarbonisierung der eigenen Energieversorgung behindert wird.“ (RNE, 2020, S. 10)

Werden basierend auf grünem Wasserstoff Folgeprodukte hergestellt, wird zusätzlich CO2 benötigt. Um den Anspruch der Klimaneutralität gerecht zu werden, muss das zugesetzte CO2 der Atmosphäre entnommen werden (Direct Air Capture, DAC) (vgl. KLIMA-ALLIANZ DEUTSCHLAND; 2021 & SRU, 2021). Geschieht dies nicht, erhöht sich der Anteil an CO2-Emissionen für das Folgeprodukt und der Prozess der Dekabonisierung der Wirtschaft kann sich verzögern (vgl. HEINEMANN, 2021). Daher fordert der Nationale Wasserstoffrat (NWS), dass der CO2-Fußabdruck des Wasserstoffs durchgängig über seine gesamte Wertschöpfungskette hinweg zertifiziert werden muss. „Bis hierfür international anerkannte Mechanismen zur Verfügung stehen, muss eine Zertifizierung mit auf das einzelne Projekt abgestimmten Kriterien erfolgen.“ (NWR, 2021b, S. 8)

Alles in allem hängt die Höhe der Treibhausgasemissionen, die bei der Erzeugung von grünem Wasserstoff und Power-to-X-Produkten anfallen, wesentlich vom gewählten Herstellungsverfahren ab. So variieren die Werte vor allem in Abhängigkeit vom zuvor erzeugten Strom und den dafür abgebauten, transportierten und verarbeiteten Rohstoffen und Ressourcen (vgl. Kap. 3.3). Dabei muss sichergestellt werden, dass aus der Versorgung der Elektrolyse mit erneuerbarem Strom nicht indirekt eine zusätzliche Erzeugung aus fossilen Kraftwerken resultiert (vgl. NWR, 2021b). Daher ist es wichtig, die CO2-Bilanz des jeweiligen Herstellungsverfahrens in die Gesamtbetrachtung des Nachhaltigkeitsanspruchs von grünem Wasserstoff mittels einer einheitlichen und transparenten Methodik zu erfassen (vgl. BMWI, 2020).